Beziehungskiller Urlaub
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August 28, 2011 | Männer und Frauen, Partnerschaft
Die Sommerzeit ist traditionelle Urlaubszeit. Besonders, wenn der heimische Sommer vorrangig nasskaltes Wetter und damit verbunden triste Stimmung bereithält, zieht es viele zu Recht in sonnigere Gefilde, um die Seele baumeln zu lassen. Was bei der Urlaubsplanung aber noch toll klingt und beim Flugbuchen für Vorfreude sorgt, entpuppt sich bei vielen Paaren und Familien vor Ort aber als totaler Albtraum, wenn es statt erhoffter Erholung und Sonnetanken plötzlich nur noch Streit und Unzufriedenheit gibt. Die Gründe hierfür: Zu hohe Erwartungen an den Partner und der Faktor Zeit.
Laut Angaben des Stuttgarter Instituts für Psychologie wird jede dritte Scheidung nach einer gemeinsamen Reise eingereicht. Kein Wunder also, dass sich Scheidungsanwälte besonders nach den Sommer- und Weihnachtsferien die Hände reiben. Da hilft es dann auch nicht mehr viel, dass mancher sich rückblickend dafür verwünscht nicht mehr auf die Bedürfnisse des Partners eingegangen zu sein. Hätte ich doch mehr mit ihr unternommen oder einfach mal mit ihm gemütlich am Pool relaxt…Hätte, hätte, Fahrradkette…die Einsicht kommt oft zu spät und was vorbei ist, ist vorbei. Mag der Grund auch noch so trivial klingen. Dabei muss es ja nicht zwangsläufig so weit kommen, wenn man sich vor Urlaubsantritt ein paar Dinge vor Augen führt.
Und die Erwartungen an sich und den Partner und sowieso den Urlaub einfach ein bisschen zurückschraubt. Da der Alltag nun aber einmal ein mieser Schweinehund ist, der in die Beziehung Einzug hält, wird in die arbeitsfreie Ferienzeit viel zu oft alles Mögliche an Erwartungen hinein projeziert. Knatsch gibt es dann, wenn die gemeinsame Zeit hinter den viel zu hohen Erwartungen zurückbleibt und sich nicht wie durch Zauberhand die erwartete Harmonie und Urlaubsstimmung einstellt. Auch nicht zu verachten ist sicherlich der Zeitfaktor, wenn aus wenigen Minuten bis Stunden, die man gewöhnlich vor Arbeitsbeginn und nach Feierabend miteinander verbringt, plötzlich 24h Rundumpräsenz des Partners werden. Es droht der Overkill, da man dieses Maß an partnerschaftlicher Nähe eigentlich gar nicht mehr gewohnt ist und sich so schnell vom anderen vereinnahmt fühlt.
Ganz besonders dann, wenn SIE eigentlich nicht anderes tun möchte als in der Sonne zu brutzeln, während ER viel lieber Land und Leute kennenlernen würde. Vor exotischer Kulisse werden einem so wieder einmal die (durchaus auch lieb gewonnenen) jeweiligen Charakterzüge des anderen bewusst und man muss erkennen, dass sich zwar der Urlaubsort vom Alltag zu Hause abhebt, der Partner aber immer noch derselbe ist, was zu Frust und Enttäuschungen führen kann. Ganz besonders, wenn es um den persönlichen Freiraum geht und man(n) oder Frau darum bangt, nicht das vom lang ersehnten Urlaub mitzunehmen, was man sich insgeheim erhofft hat.
Damit es unter der Sonne Spaniens oder wo auch immer nicht unnötig kracht, empfehlen Beziehungscoaches und Paartherapeuten daher vor Urlaubsantritt, was auch ansonsten fester Bestandteil einer gesunden Beziehung sein sollte: miteinander reden, um Sehnsüchte und Erwartungen an die knappe freie Zeit abzustecken und auszuloten wie man einen entspannten Urlaub verbringt, in dem jeder auf seine Kosten kommt, ohne den anderen zu vereinnahmen oder ihn mit seinen eigenen Wünschen zu überfordern. Im Urlaub selbst kann es dann beispielsweise von Vorteil sein auch einmal allein zu Unternehmungen zu starten oder den Kindern die in vielen Hotels und Ferienanlagen angebotenen Animations- und Betreuungsangebote schmackhaft zu machen. Dafür sind sie ja schließlich da! Trifft man sich im Verlauf des Tages oder Abends dann wieder, hat man nicht nur viel zu erzählen, sondern auch dringend benötigte Freiräume ausgenutzt.
Besonders vorteilhaft kann es da sein, gerade wenn man mit Kindern unterwegs ist, wenn man anstatt sich in Ferienwohnung oder –haus selbst zu versorgen, vielleicht doch mal ein All-inclusive Angebot nutzt. Auf diese Weise bleibt das Kochen, Abwaschen und Bettenmachen nicht wie zu Hause an Mutti (oder Vaddern) hängen und jeder hat die Möglichkeit den tristen Alltag einfach mal Alltag sein zu lassen. Schafft man es dann noch seine Verärgerung über den verschmutzten Pool oder das schlechte Wetter nicht am Partner auszulassen, stehen die Chancen einen schönen gemeinsamen Urlaub zu verleben gar nicht mal so schlecht. Und kommt es dann doch einmal zum Streit, muss dies ja nicht gleich den Weltuntergang bedeuten. Während vielen Paaren nämlich im Alltag schlichtweg die Zeit zum streiten fehlt, kann eine klärende Auseinandersetzung im Urlaub auch dazu beitragen, die Beziehung neu abzustecken und gemeinsam herauszufinden, was man vom anderen und der Partnerschaft eigentlich erwartet. Es muss ja nicht der sofortige Gang zum Anwalt sein. Oder?
Comments (2)
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[...] sagt Christian Thiel, Partnerschaftsberater aus Berlin. Denn wie oft sich zwei Menschen streiten sei keineswegs ein Indikator für die Qualität einer Beziehung. Viel wichtiger dagegen sei die Art [...]